Schaufenster in die Reformationsgeschichte

Das Ausstellungsmodul des Projekts präsentiert in einem „Schaufenster“ ausgewählte Dokumente aus der Reformationszeit. Ergänzend zum Digitalisat finden sich jeweils eine Transkription, eine historische Erläuterung und eine Übertragung ins moderne Deutsch, in einigen Fällen auch ins Englische. So werden die Inhalte auch für den heutigen Leser mit geringeren Vorkenntnissen verständlich.
 

Die Dokumente sind verschiedenen, teils auch mehreren Schlagworten zugeordnet. So findet man z. B.  die Bannandrohungsbulle gegen Martin Luther unter „Leo X.“ oder unter „Martin Luther“ wieder.

Viel Vergnügen beim Stöbern und Erkunden!

Herzog Georg von Sachsen dankt Kardinal Albrecht von Brandenburg für die durch Reisige erwiesene militärische Unterstützung bei der Vernichtung der Bauernheere und berichtet über den Verlauf der Schlacht bei Frankenhausen und die Gefangennahme Thomas Müntzers

Signatur:
LASA, A 1, Nr. 290
Seitenangabe:
Array
Datierung:
16. Mai 1525
Überlieferungsform:
Ausfertigung
Wichtige Orte:
4018101-7
Historische Einordnung:
Als sich Herzog Georg von Sachsen bei Kardinal Albrecht von Brandenburg am 16. Mai 1525 in einem Brief aus Frankenhausen für die militärische Unterstützung bei seinem Verwandten bedankte, war den mitteldeutschen Fürsten ein entscheidender Sieg gegen die Bauernunruhen in Thüringen gelungen.
Am 15. Mai kam es zur großen Schlacht bei Frankenhausen, bei der der Großteil der Aufständischen „erschlagen“ oder gefangen genommen wurde. Herzog Georg nennt eine Opferzahl um die „viereinhalb Tausend“ Bauern. Wichtigste Errungenschaft war für ihn die Gefangennahme des Heerführers Thomas Müntzer, der für die Zusammenrottung der Bauern hauptverantwortlich gemacht wurde.
Diese eindeutige Entscheidung zugunsten der Fürsten war aber nicht von vornherein absehbar, geschweige denn die verheerende Auswirkung der Schlacht für die gegnerische Seite.
Die führenden Fürsten der mitteldeutschen Territorien, Herzog Georg, Kurfürst Friedrich von Sachsen, Herzog Johann von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, führten zwar untereinander rege Korrespondenz und informierten sich gegenseitig über die jeweilige Unruhesituation in ihrem Herrschaftsgebiet, aber ein gemeinsames Handeln war zunächst nicht vorgesehen. Es bestand eine Uneinigkeit im Lager der Fürsten, ob eine militärische Intervention überhaupt nötig werden würde. Zudem verfolgten sie alle konträre Ziele mit diesem Eingreifen. Die beiden evangelischen Ernestiner und Philipp von Hessen befürchteten, dass der altgläubige Herzog Georg nicht nur ein Übergreifen der evangelischen Praxis auf das Herzogtum Sachsen vermeiden, sondern die reformatorische Bewegung überhaupt zum Stillstand bringen wolle. So hoffte man auf eine friedliche Lösung und ermahnte seine Untertanen zum Gehorsam.
Doch der Konflikt schwelte bereits zu sehr, als dass er noch eindämmbar gewesen wäre und die Aufstände, die im Süden des Reiches seit dem Frühjahr 1525 vorherrschten, erfassten zunehmend auch Mitteldeutschland. Vorausgegangen waren zahlreiche Erstürmungen von Klöstern und Adelssitzen in der Grafschaft Mansfeld und auf dem Eichsfeld, das Niederbrennen einiger Dörfer, Aufstände in den Städten Mühlhausen und Langensalza sowie schließlich die Bildung von Bauernhaufen, die nun zum entschlossenen Handeln der Fürsten führte.
Ursprünglich erachteten die Fürsten die Ereignisse in Mühlhausen – verbunden mit dem Wirken Thomas Müntzers – als zentral, richteten ihre Aufmerksamkeit dann aber schnell auf den Bauernhaufen in Frankenhausen, da von ihm eine größere Gefahr auszugehen schien.
Zuvor mussten allerdings Probleme der Zusammenstellung eines tatsächlich kampfbereiten Heers gelöst werden. Herzog Georg konnte nur sehr langsam den albertinischen Adel mobilisieren, weshalb er bei seinen ernestinischen Verwandten weitere Männer aus der thüringischen Ritterschaft anforderte. Da diese aber ihrerseits mit dem Aufbau eines eigenen Kontingents beschäftigt waren, bedurfte Georg anderweitige Hilfe. Kardinal Albrecht sagte ihm nur zögerlich seine Unterstützung zu, sandte ihm aber schließlich über seinen Vertrauten Wolf von Schönburg Reisige, also bewaffnete Reiter, zur Unterstützung nach Thüringen. Auch sein Bruder, Kurfürst Joachim von Brandenburg, versprach mit weiteren Anwerbungen zu helfen. Nach Bitten Georgs an seinen Schwiegersohn, Landgraf Philipp von Hessen, zog dieser nicht wie ursprünglich geplant zum Schwäbischen Bund und der Niederschlagung des Aufruhrs in Franken, sondern ebenfalls nach Thüringen und verstärkte sein Heer zusätzlich um Truppen der Herzöge von Braunschweig. Dadurch konnten von Osten und Westen her zwei gut ausgerüstete Heere aufgebaut werden. Eine militärische Konfrontation wurde somit unausweichlich. In der Zwischenzeit hatte sich der Aufstand erheblich ausgebreitet und immer mehr Bauernhaufen versammelten sich um und in Frankenhausen.
Am 12. Mai nahm das hessische Heer die Stadt Langensalza widerstandslos ein und zog weiter in Richtung Frankenhausen. Auch die Truppen von Herzog Georg trafen am 13. Mai in der Nähe ein und vereinten sich mit den Reisigen und Knechten von Kardinal Albrecht, angeführt von Wolf von Schönburg. Ein Tag darauf kam es zu ersten Auseinandersetzungen zwischen den Aufständischen und dem hessischen Heer. Zu tatsächlichen Kampfhandlungen kam es jedoch erst am Folgetag, nachdem die errichtete Wagenburg am Hausberg nahe der Stadt gelegen auf allen Seiten von den fürstlichen Truppen umstellt wurde.
Die Unerfahrenheit der Aufständischen führte zum schnellen Erfolg der besser ausgebildeten fürstlichen Armee, sodass eine Niederschlagung ohne großen Widerstand erfolgte. Die zusätzlich angeforderten Reiter des brandenburgischen Kürfürsten wurden nicht mehr benötig. Mit neuer Zuversicht teilte Herzog Georg dem Kardinal Albrecht mit, man würde nun auch die letzten verbliebenen Unruheherde in Thüringen, besonders um Mühlhausen, beseitigen können. Die letzten Ziele wollten die Fürsten mit dem eigenen Aufgebot bewerkstelligen. Nur zur Vorsicht sollten die Reiter des Kardinals noch „in Bereitschaft“ gehalten werden.
Literatur:
Siegfried Hoyer, Die „Schlacht“ bei Frankenhausen, in: Günter Vogler (Hrsg.), Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. (Historische Mitteilungen im Auftrag der Ranke-Gesellschaft Bd. 69) Stuttgart 2008, 211–224.
Siegfried Hoyer, Herzog Georg und der Bauernkrieg in Thüringen, in: Günter Vogler (Hrsg.), Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. (Historische Mitteilungen im Auftrag der Ranke-Gesellschaft Bd. 69) Stuttgart 2008, 275–282.
Günter Vogler, Bäuerliche und städtische Aufstände zwischen Harz und Thüringer Wald. Ein Überblick, in: Ders. (Hrsg.), Bauernkrieg zwischen Harz und Thüringer Wald. (Historische Mitteilungen im Auftrag der Ranke-Gesellschaft Bd. 69) Stuttgart 2008, 65–90.
Christoph Volkmar, Reform statt Reformation. Die Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen 1488–1525. (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Bd. 41) Tübingen 2008.
Michael Wetzel, Wolf I., Herr von Schönburg, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., bearb. von Martina Schattkowsky, Online-Ausgabe: www.isgv.de/saebi/ [letzter Abruf: 22.4.2014].
Nachweis früherer Editionen:
Wilhelm Falckenheiner, Philipp der Grossmütige im Bauernkriege. Mit urkundlichen Beilagen. Marburg 1887, 130 f. [vollständig]
Walther Peter Fuchs (Hrsg.), Akten zur Geschichte des Bauernkriegs in Mitteldeutschland, Bd. II. Jena 1942, Nr. 1464, 302. [unvollständig]
Bemerkung:
einseitig beschrieben, Rückseite: Adresse; Brief; ohne Verschluss-Siegel des Ausstellers; Eigenhändige Ausfertigung